Page 96 - Jubibroschuere_2019
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Soziale Arbeit

            70 Prozent der jungen Menschen benennen   („Trifft eher nicht zu“ 12 Prozent; „Trifft gar nicht
            Spaß am Kontakt mit anderen Menschen und   zu“ 24 Prozent) geben aber auch an, diese Ver-
            Kulturen als völlig, eher oder teilweise zutref-  änderung (eher) nicht zu spüren. Über ein Viertel
            fenden Grund für ihre Beteiligung am jeweiligen   der Antwortenden ist sich unsicher, was die
            Projekt.                                 Entwicklungstendenz ihrer politischen Motivation
                                                     betrifft. Eine ähnlich ambivalente Tendenz wird bei
            Außerdem erfolgte die Teilnahme zu größeren   der Aussage über die steigende Sorge um einen
            Teilen freiwillig. Insgesamt gaben nur 32 Prozent 3   erneuten Kriegsausbruch deutlich: Während
            der Umfrageteilnehmer*innen an, an einem der   37 Prozent der Umfrageteilnehmenden angeben,
            Projekte als (teilweise) obligatorischer Veranstal-  kein gesteigertes Sorgegefühl entwickelt zu ha-
            tung im Rahmen ihrer (schulischen) Ausbildung   ben, beantworten 35 Prozent die Frage mit einem
            oder ihrer Arbeit teilzunehmen. Somit wurde   klar erhöhten Sorgegefühl durch die Teilnahme
            in einem überwiegenden Anteil von Fällen die   am Projekt. Ebenso empfinden 28 Prozent diese
            Teilnahme an den Begegnungen als freiwillig   Sorge nur teilweise oder sind sich unsicher, wie
            wahrgenommen.                            sie zu diesem Gefühl stehen. Deutlich wird hier,
                                                     dass die Projektteilnahme durchaus einen sensi-
            68 Prozent der Teilnehmenden der Umfrage    bilisierenden und aktivierenden Faktor persönli-
            beantworteten die Frage „Denkst du, dass du   cher Entwicklung darstellen kann, die Varianz der
            an diesem internationalen Projekt teilgenommen   Entwicklungstendenzen jedoch weit streut.
            hast, hat dich verändert?“ im Nachgang des
            Projektes  zustimmend (vgl. Abb. 3). Lediglich    Die Sorge um die eigene bzw. gemeinsame Zu-
            17 Prozent denken, dass sie durch die Teilnahme   kunft hingegen ist bei den Umfrageteilnehmer*in-
            keine Veränderung erlebt haben. Ein ebenso klei-  nen tendenziell klar gestiegen. Über drei Viertel
            ner Anteil der Teilnehmenden gibt an unsicher zu   der Personen geben an, sich nach der Projekt-
            sein, was die eigene Veränderung durch die Mit-  durchführung (teilweise) mehr um ihre Zukunft zu
            wirkung im Projekt anbelangt. Auf der kognitiven   sorgen, nur knapp ein Viertel hält sich für nicht
            Ebene könnten sich hier tatsächlich wahrgenom-  mehr besorgt als zuvor. Parallel zur gesteigerten
            mene Veränderungen nach der Projektteilnahme   Zukunftssorge ist aber bei den meisten Projekt-
            zeigen. Ebenso könnte das Ergebnis ein Hinweis   beteiligten auch der Mut gestiegen, sich selbst
            auf die Wirkmächtigkeit einer suggerierten Ver-  für den Frieden einzusetzen – fast 80 Prozent der
            änderung durch internationale Kontakte sein.   Umfrageteilnehmenden nehmen deutlich oder
                                                     zumindest teilweise mehr Mut zur Eigeninitiative
                                                     in diesem Bereich wahr.

                                                     Die Sensibilisierung durch die Projekte scheint
                                                     demnach zu einer differenzierteren, durchaus
                                                     subjektiv belastenderen Wahrnehmung des
                                                     eigenen Lebens in seiner Komplexität zu führen.
                                                     Gleichzeitig jedoch scheinen die Projekte einen
                                                     Anteil daran zu haben, die jugendlichen Projekt-
                                                     teilnehmenden mit diesen Ambivalenzen nicht
                                                     alleine zu lassen, sondern ihnen Handlungs-
                                                     möglichkeiten zu erschließen und die eigenen
                                                     Zukunftssorgen handhabbar zu machen.

                                                     Hinsichtlich des geschichtlichen Kontextes des
                                                     erinnerungspädagogischen Ansatzes zeigt sich
            Abb. 3: wahrgenommene Effekte der Teilnahme I    sehr deutlich, dass der Erste Weltkrieg als The-
            (Quelle: eigene Darstellung)             ma alles andere als unbedeutend auf die Teilneh-
                                                     menden wirkt (vgl. Abb. 5).  89 Prozent der ant-
                                                                          4
            Mit näherem Blick auf die Bereiche, in denen die   wortenden Teilnehmenden gaben im Nachgang
            jungen Menschen die Effekte bei sich erleben   an die Teilnahme in den verschiedenen Projekten
            und Veränderungen wahrnehmen, fällt auf, dass   an, den Ersten Weltkrieg als thematisch wichtig
            die Teilnehmenden im Item politisches Engage-  oder eher wichtig für Europas Geschichte ein-
            ment sehr unterschiedliche Tendenzen aufweisen   zuordnen. Über 85 Prozent bewerteten diese
            (vgl. Abb. 4). Immerhin 36 Prozent sehen bei sich   geschichtlichen Ereignisse als heute noch von
            die Entwicklung bzw. den Ausbau ihres politi-  Interesse, lediglich sechs Prozent halten den
            schen Engagements („Trifft völlig zu“ 13 Prozent;   Ersten Weltkrieg für ein (eher) uninteressantes
            „Trifft eher zu“ 23 Prozent). Fast ebenso viele   Thema in Bezug zur Gegenwart.


            3  Die angegebenen Prozentzahlen sind zur vereinfachten Lesbarkeit auf ganze Zahlen auf- bzw. abgerundet.
            4  An dieser Stelle ist sozial erwünschtes Antwortverhalten nicht auszuschließen. Auch unterschiedliche Gruppenzugehörigkeiten, Vorbildung und Herkunft
             müssen hier in der näheren Betrachtung Beachtung finden. Nichtsdestotrotz wird deutlich, welche Bedeutung dem Thema beigemessen wird bzw. an
             welche (gesellschaftliche) Erwartungshaltung sich die Teilnehmenden anlehnen.
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