Page 100 - Jubibroschuere_2019
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Soziale Arbeit








            Potenziale und Grenzen von Integrationshilfen

            in der inklusiven Schule – Ergebnisse einer

            Bestandserhebung und explorativen Studie

            zu Integrationshilfen an Regelschulen im Saarland



            Prof. Dr. Kerstin Rock
            Fakultät für Sozialwissenschaften





            Problemaufriss                           Diese nur leichte Verringerung der Exklusions-
                                                     quote von 4,9 auf 4,3 Prozent ist angesichts des
            Mit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskon-  demographisch bedingten Rückgangs der Schü-
            vention im Jahr 2009 wird jungen Menschen   lerzahlen besonders ernüchternd. Im Saarland
            mit Behinderung ein Recht auf inklusive Bildung   ist die Exklusionsquote trotz bildungspolitischer
            zugestanden. In Deutschland wird dieses Recht   Anstrengungen sogar auf gleichbleibendem
            bildungspolitisch als Zugang zu Regelschulen   Niveau geblieben und lag 2016/2017 ebenso wie
            und dem dort stattfindenden gemeinsamen   2008/2009 bei 4,2 Prozent (vgl. Klemm 2018,
            Unterricht von Kindern und Jugendlichen mit    S. 10).
            und ohne Behinderung übersetzt (vgl. KMK
            2010, S. 9). Die Schulgesetze der Bundesländer   Der schulrechtlich abgesicherte Zugang zur
            sichern inzwischen Schüler*innen mit Förder-  Regelbeschulung scheint demnach zwar eine
            bedarf den Zugang zu Regelschulen, zum Teil   notwendige, aber keine hinreichende Bedingung
            räumen sie der Regelschule einen Vorrang ein.   für die Umsetzung von Inklusion zu sein. Wie die
            Im Saarland wurden mit der Schulgesetzände-  Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe
            rung vom 25.06.2014 die öffentlichen Schulen   AGJ (vgl. AGJ 2013, S. 2) feststellt, werden Aus-
            der Regelform zu „inklusiven Schulen“. Ab dem   stattung und Ressourcen der Regelschulen nur
            Schuljahr 2014/2015 werden alle schulpflichti-  unzureichend an die veränderten Anforderungen
            gen Kinder in der Klassenstufe 1 der regulären   einer inklusiven Schule angepasst. Dies betrifft
            Grundschule eingeschult – es sei denn, die   sowohl bauliche Maßnahmen – etwa die Herstel-
            Eltern beantragen ausdrücklich den Besuch einer   lung von Barrierefreiheit – als auch die Bereit-
            Förderschule. Diese Regelungen gelten ab dem   stellung sonderpädagogischer Kompetenz zum
            Schuljahr 2018/2019 auch für allgemein bildende   Beispiel über die Einstellung von spezialisiertem
            wie berufliche Schulen (vgl. Lange 2015, S. 11).   Lehr- und Förderpersonal. Zudem werden
                                                     Klassenteiler nicht oder nur geringfügig gesenkt,
            Die aktuellen Zahlen zur Umsetzung von Inklu-  womit das Unterrichten in kleineren Einheiten
            sion (vgl. Klemm 2018) zeigen allerdings,    möglich würde.
            dass die veränderten rechtlichen Rahmenbedin-
            gungen nicht zwingend dazu führen, dass Kinder   Auch wenn die Schule aufgrund ihres vorrangi-
            und Jugendliche mit Behinderung selbstver-  gen Bildungsauftrages verpflichtet ist, geeignete
            ständlich in Regeschulen lernen. Wie die aktuelle   Maßnahmen bereitzuhalten, um behinderten
            Analyse der bildungsstatistischen Daten zeigt, ist   Schüler*innen die üblicherweise erreichbare
            die Exklusionsquote – der Anteil der an Förder-  Bildung zu vermitteln, wird ein Schulbesuch in
            schulen unterrichteten Schüler*innen an der   vielen Fällen erst durch den Einsatz von Integ-
            Gesamtschülerzahl – bundesweit nur gering-  rationshelfer*innen – finanziert als „Hilfe zu einer
            fügig zurückgegangen. Wurden im Schuljahr   angemessenen Schulbildung“ über die Einglie-
            2008/2009 393.491 Schüler*innen in Förder-  derungshilfe (§§ 53ff. SGB XII) – möglich. Die
            schulen unterrichtet, so waren es 2016/2017   Eingliederungshilfe gewährt prinzipiell Leistungen
            noch immer 318.002 (vgl. Klemm 2018, S. 9).   aufgrund einer bestehenden oder drohenden
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