Page 110 - HTW_25_Jahre_Forschung
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Kooperation von zwei Systemen
Mit spezifischem Auftrag
Mit eigener sozial- und bildungspolitischer Einbettung
Mit spezifischer Ausbildung des Personals
Mit Statusdifferenz zwischen den Berufsgruppen
Elementarpädagogische Domäne Primarpädagogische Domäne
Institution Kindergarten (Stereo-)Typisierung Institution Schule
Entwicklungsorientierung Curriculumsorientierung
Domänen spezifische Öffnung durch Domänen spezifische
Fähigkeiten und Kompetenzen gemeinsame Praxis Fähigkeiten und Kompetenzen
Neue Domäne
Gemeinsame Übergangsgestaltung
Berufsgruppenübergreifendes Aufgabenprofil
Erweiterung der Handlungsräume
Perspektivenverschränkung
Abb. 1: Übergangsgestaltung als neue Domäne
berufsgruppenübergreifendes Aufgabenprofil, Der Großteil der Eltern hat während des Koope-
ein Austausch der (unterschiedlichen) Sicht- rationsjahres dieses institutionelle Angebot als
weisen auf die Kinder, eine Perspektivenver- deutliche Unterstützung bei der Vorbereitung auf
schränkung und damit eine Erweiterung der die Schule und gleichzeitig als substantielle Ent-
Handlungsräume. Die Ergebnisse bestätigen lastung in der familiären Verantwortung wahr-
eine wechselseitige Öffnung der Systeme mit genommen. Ausdrücklich wird von den Eltern die
positiven Auswirkungen auf die institutionelle Rolle der Kooperationslehrerin herausgehoben,
und professionelle Zusammenarbeit. Diese sind insbesondere zur Einschätzung schulrelevanter
in einem wachsenden Verständnis für die jeweils kognitiver und sozial-emotionaler Kompeten-
andere Handlungslogik, in der Herausbildung zen ihrer Kinder. Dies scheint v. a. für diejenigen
eines Teamverständnisses und in der Steigerung Eltern von Relevanz zu sein, die zum ersten
der wechselseitigen Wertschätzung zu erkennen. Mal den Übergang eines Kindes erleben und
Befördert wurde diese Entwicklung durch eine begleiten. Die Gruppe der Eltern bereits schul-
kontinuierliche gemeinsame Praxis der Planung pflichtiger Kinder betont im Unterschied dazu
und Reflexion. die Bedeutung des frühzeitigen systematischen
Lernens als wichtige Herausforderung innerhalb
Im Ergebnis konnte auf der Grundlage einer de- des Kooperationsjahres.
taillierten Prozessrekonstruktion ein empirisch
fundiertes Entwicklungsmuster gefunden wer- Frühzeitige Einschulung
den, das zeigt, dass und wie unter schwierigen
(Kontext-)Bedingungen eine system- (domänen-) Die frühzeitige Einschulung wird seit den Ergeb-
und berufsgruppenübergreifende Kooperation nissen der ersten PISA-Studien kritisch disku-
möglich ist, nämlich durch eine gemeinsame tiert. In der vorliegenden Studie wurde überprüft,
reflektierte Praxis. Diese Erkenntnisse eröffnen welche Eltern besonders häufig diese Entschei-
die Möglichkeit zur Entwicklung einer Theorie dung für ihre Kinder treffen und ob sie im Nach-
mittlerer Reichweite, die auf Konstellationen hinein mit dieser Entscheidung zufrieden sind.
übertragbar erscheint, in denen unterschiedliche In den aktuellen Analysen zeigen sich deutliche
Bildungsinstitutionen und Berufsgruppen zur Unterschiede in Abhängigkeit des Bildungsab-
Kooperation gebracht werden sollen (fallüber- schlusses der Eltern (insbesondere der Mütter),
greifende Erkenntnisfunktion). des Geschlechtes des Kindes und der Teilnahme
am Kooperationsjahr: Während sich Mütter mit
Die Sichtweise der Eltern Realschulabschluss signifikant seltener für die
vorgezogene Einschulung entscheiden, sind es
Elternbefragungen fanden im ersten, zweiten v. a. Mütter mit niedrigem oder hohem Bildungs-
und vierten Erhebungsjahr statt. Diese fokus- abschluss (kein Abschluss/Hauptschulabschluss
sierten auf subjektiven Erwartungen hinsichtlich vs. Hochschulabschluss; siehe Abb. 2). Die Gründe
des Überganges (1. EZP, prospektiv) und den für die Entscheidung sind als gegensätzlich zu
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retrospektiven Einschätzungen dieses Übergan- interpretieren: Während für einen Teil der Eltern
109 ges (2. EZP, 4. EZP). eher ökonomische Gründe ausschlaggebend zu