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Kontext und Konzeption der Studie bezüglich der Ausbildung bzw. Bezahlung ihres
jeweiligen Personals, aber auch in der Struk-
In der einschlägigen Fachdiskussion wird dem turierung und Organisation der pädagogischen
institutionalisierten Übergang vom Kindergarten Arbeit deutlich unterscheiden. Damit ist ein
in die Grundschule für die Entwicklungschancen Spannungsfeld konstituiert.
von Kindern ein hoher Stellenwert beigemessen.
Vor diesem Hintergrund hat das saarländische Nach dem Prozess des Kennenlernens der
Ministerium für Bildung und Kultur ein Pilot- kooperierenden Institutionen im ersten Jahr der
programm aufgelegt, das den Übergang durch Pilotphase haben die Kooperationstandems,
eine systematische Kooperation der unter- bestehend aus einer Grundschullehrerin und
schiedlichen Bildungsinstitutionen Kindergarten einer Erzieherin aus einem Kindergarten, der im
und Grundschule erleichtern soll. Im Rahmen Einzugsgebiet der Grundschule liegt, einver-
der wissenschaftlichen Begleitung wurden zu nehmlich mit der gemeinsamen Arbeit begon-
verschiedenen Zeitpunkten (Längsschnittstudie) nen. In einigen wenigen Fällen ist es aber durch
qualitative Fallstudien (Dokumentenanalysen, wechselseitige Vorbehalte und Stereotypisierung
Interviews und Beobachtung) zur Kooperati- (zunächst) nicht zu einer Verständigung gekom-
onspraxis zwischen den (sozial-)pädagogischen men.
Berufsgruppen (Erzieherinnen und Erzieher,
Lehrerinnen und Lehrer) sowie ebenfalls zu Bereits im zweiten Jahr war das wechselsei-
verschiedenen Zeitpunkten schriftliche Befra- tige Verständnis auch in den eher konflikthaft
gungen der beteiligten Berufsgruppen sowie verlaufenden Fällen füreinander gewachsen,
von Eltern durchgeführt. Die qualitativen Daten bestehende Vorteile konnten abgebaut und eine
wurden mit Hilfe der Grounded Theory ausgewer- Annäherung der Berufsgruppen erreicht werden.
tet (Theoretical Sampling, komparative Analyse). Im weiteren Verlauf konnte eine Entwicklung
Überdies wurden im dritten Erhebungsjahr mit rekonstruiert werden, im Rahmen derer die
Hilfe standardisierter Testverfahren motivatio- Aufgabenbereiche und Kompetenzen aus den
nale, sozial-emotionale Aspekte im Schulsetting jeweiligen pädagogischen Domänen benannt und
und die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten zu einem neuen berufsgruppenübergreifenden
bzw. Kompetenzen bei allen Kindern aus dem Aufgabenprofil für die Übergangsgestaltung
zweiten Schuljahr an drei Standorten ermittelt. integriert werden konnten (siehe Abb. 1). Dieses
Schließlich wurden in der vierten Erhebungs- Ergebnis findet sich auch in den bilanzieren-
phase bilanzierende leitfadengestützte Exper- den Interviews im vierten Jahr. Als ein zentraler
teninterviews, sowohl mit den Kita- als auch den Befund der Analysen kann damit die Entwicklung
Schulleitungen, durchgeführt. einer neuen Domäne herausgestellt werden.
Die beiden Domänen sind im Kern durch eine
Kooperation der Berufsgruppen Curriculumsorientierung (Schule) bzw. eine Ent-
wicklungsorientierung (Kindergarten) bestimmt,
Bei einer institutionalisierten Kooperation die zu Beginn des Programms zunächst zu einer
zwischen Schule und Kindergarten, wie sie das wechselseitigen (Stereo-)Typisierung führte. Die
Kooperationsjahr darstellt, ist zunächst von der Rekonstruktion der Entwicklung im Verlauf zeigt
Analyse auszugehen, dass hier zwei Systeme jedoch, dass sich die Kooperationsteams durch
zur Kooperation gebracht werden sollen, die sich eine gemeinsame Praxis auf den Weg zu einer
neben ihrem je spezifischen Auftrag, d. h. ihrer neuen pädagogischen Domäne, der Übergangs-
107 sozial- und bildungspolitischen Einbettung, und gestaltung, gemacht haben. Erkennbar sind ein