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Soziale Arbeit





















        Abb. 1: Modelle zum Verhältnis
        von Studium und Praktikum
        (Quelle: Schubarth et al. 2016:
        S. 68)



                              den Praxisämter/-referate der Sozialen Arbeit   ausbildung im Studium ist diese Verantwortung
                              an dieser Stelle beschreiten, zeigt sich nicht nur   von Ueli Merten als „delegierte Verantwortung“
                              in den durchaus unterschiedlichen Bestimmun-  (vgl. Merten 2014) bezeichnet worden. Im Fach-
                              gen von Zielperspektiven der akademischen   gutachten des Bundesministeriums für Bildung
                              Ausbildung im Bachelor, wie sie im Deutschen   und Forschung sowie der Hochschulrektoren-
                              Qualifikationsrahmen (DQR), dem „Kerncurri-  konferenz wurde dies in Form von vier Typen der
                              culum Soziale Arbeit“ der DGSA (2016), der   didaktisch-curricularen Einbindung von Praktika
                              Ausdifferenzierung von „Schlüsselkompetenzen   ins Studium unterschieden, wie die obige Grafik
                              der Sozialen Arbeit“ (Maus/Nodes/Röh 2013)   des Fachgutachtens verdeutlicht.
                              des DBSH sowie dem „Qualifikationsrahmen
                              Soziale Arbeit“ (QRSozArb) in der Version 6.0   Aus Sicht der AutorInnen des Gutachtens sind
                              (FBTS 2016b) dargelegt werden, sondern auch   zentrale Weichen in der Gestaltung von Studien-
                              in der Gewichtung des Verhältnisses von Theorie   gängen und der – auch inhaltlichen – Einbettung
                              und Praxis. Die Frage der Professionalisierung   von Praktika in ein „Theorie-Praxis-Konzept im
                              künftiger SozialarbeiterInnen wird unter Bezug-  Studiengang“ (ebd.: 69) seitens der Hochschulen
                              nahme auf den bourdieuschen Habitusbegriff als   zu leisten. Spätestens ein curricular integriertes
                              „Bildungsprozess [beschrieben], der mit einer   Praktikum (Typ III) erfordert eine Verantwortungs-
                              hermeneutischen Kunstlehre korrespondiert“   übernahme der Hochschule für die praktischen
                              und eine Art „(Vor-)Bildung eines professionel-  Lerninhalte am außerhochschulischen Lern-
                              len Habitus als innere Formung eines dauerhaft   ort. Im Typ IV, dem inhaltlich mit dem Studium
                              wirksam bleibenden Bildungsmodells“ (Kraimer/  verknüpften Typ, ist dies umso deutlicher. Dass
                              Altmeyer 2017: 668) darstellt. Das Kennenlernen   Hochschulen mit der Modularisierung und
                              der Praxis der Wissenschaft sowie der Praxis   Creditierung praktischer Studienanteile auch
                              des beruflichen Handelns erhalten so je eigene   die Fragen „Was soll im Praktikum am Lernort
                              Funktionen, die in der paradoxen Spannung un-  ‚Praxis’ gelernt werden?“, „Welche Kompetenzen
                              auflösbarer Widersprüche als „bildende Wider-  sollen durch die professionelle Begleitung durch
                              stände“ (vgl. Thompson/Weiss 2008) mitgeführt   Praxisanleitende, SupervisorInnen und Dozie-
                              werden. Hochschulen als Orte der theoretischen   rende der Hochschule während des Praktikums
                              Praxis dürfen dabei ihr Profil weder im Zuge der   gefördert werden?“ sowie „Wie können sowohl
                              stärkeren Praxisorientierung rein auf praktisches   Studieninhalte vor dem Praktikum auf studien-
                              Lernen beschränken noch dürfen Praktika zu   integrierte Praxisphasen vorbereiten als auch
                              reinen akademischen Leistungen werden. Viel-  die Erfahrungen aus dem Praktikum im weiteren
                              mehr gilt es, Lernprozesse an beiden Lernorten   Studium aufgegriffen und als Erfahrungsschatz
                              als Teil einer „didaktisch-curricularen Konzeptu-  geborgen werden?“ stellen müssen, sollte deut-
                              alisierung“ (Schubarth et al. 2016: 7f.) und damit   lich geworden sein. Dies ist umso notwendiger,
                              als eigenständige, sich gleichzeitig wechselseitig   wenn die Erfahrungen am Lernort (Fach-)Hoch-
                              ergänzende und miteinander interagierende Pro-  schule und am Lernort berufliche Praxis nicht als
                              zesse zu verstehen, für die Hochschulen Verant-  voneinander völlig abgekoppelte und füreinander
                              wortung tragen. Gerade im Kontext der Praxis-  unbedeutende Bereiche erscheinen sollen.
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