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bisherigen Forschungsergebnissen, in denen eine externe Minimum Preis 4 Euro ▶ PWYW-Praxistipps: Weitere Informationen im Paper:
Referenzpreisregelung keine Auswirkungen auf das Zahlungs- 14 Gross HP, Rottler M, Wallmeier F (2020). The
verhalten der Kunden hat. 12 MW = 5.60 € 1. Die Durchführung des PWYW-Modells influence of external reference price strategies
SD = 4.29
Lediglich die Festsetzung eines Höchstpreises, in diesem N = 31 benötigt gute Vorbereitung und eine Auf- in a nonprofit arts organization’s »pay-what-
Setting mit 15 Euro ein vergleichbar moderaterer Höchstpreis, 10 klärung der Besucher über das Preismodell. you-want« setting. International Journal of
kann die Zahlungsentscheidung beeinflussen. Hier zahlten 8 Nonprofit and Voluntary Sector Marketing
die Besucher der Biennale signifikant mehr als bei den drei Häufigkeit 6 2. Mittels einer Besucherbefragung kann sich 2020;e1681.
anderen Referenzpreisstrategien (siehe Abbildung). 4 die Kultureinrichtung über die Zahlungs-
bereitschaft ihrer Kunden informieren. doi.org/10.1002/nvsm.1681
2 Ergänzt werden kann dies durch eine Re-
0 cherche nach generellen Durchschnitts-
Hohe Anzahl an Nichtbezahlern 0 3 4 5 6 7 7,5 8 10 20 ausgaben für kulturelle Angebote in der Re-
Bezahlter Preis
im Kultursetting ausgemacht Maximum Preis 15 Euro gion über öffentliche statistische Erhebun-
gen.
14 MW = 7.95 €
Auffällig bei diesem Feldexperiment war, dass sich viele der 12 SD = 4.42 3. Durch die Festlegung und Kommunikation literaturverweise
Besucher im Vergleich zu bisherigen Studien dafür entschie- 10 N = 33 eines Referenzpreises wird dem Besucher
den haben, nichts für die Ausstellung zu bezahlen. Nach den 8 in Form eines Zahlungsankers Orientie- Actori GmbH (Hrsg.) (2016): Mission related pricing – Ein Weg zur
Steigerung der Einnahmen? In: actori insight, Jg. 2016, Nr. 1,
Ansichten der Wissenschaftlerinnen könnte dies einerseits Häufigkeit rung geboten. Dieser sollte im Hinblick auf Online verfügbar unter: https://www.actori.de/fileadmin/PDF_
PPT_DOC_XLS/actori_insight_01-16.pdf, zuletzt geprüft am
auf das Studiendesign eines Feldversuches zurückzuführen 6 das durchgeführte Feldexperiment höher 20.07.2020.
sein. Denn in diesem haben die Besucher gegenüber einem 4 als der Durchschnittspreis sein, um die Frey, B. S. & Steiner, L. (2010): Pay As You Go: A new Proposal for
Laborexperiment eigene reale Ausgaben und würden somit 2 Zahlungsbereitschaft der Kunden best- Museum Pricing. Hrsg. v. Institute for Empirical Research in
stärker verlustminimierend denken. Andererseits sind Kultur- 0 möglich auszureizen. Economics. University of Zurich. Zürich (Working Paper Series,
485). Online verfügbar unter http://www.econ.uzh.ch/static/
programme in Deutschland stark durch die öffentliche Hand 0 3 4 5 6 7 7,5 8 10 20 wp_iew/iewwp485.pdf, zuletzt geprüft am 20.07.2020.
Bezahlter Preis
finanziert und somit häufig ohne oder mit geringem Eintritt 4. Zu beachten ist außerdem, dass Kunden Schößler, T. (2016): Preispolitik für Theater: Strategische
versehen, sodass eine hohe Anzahl an Nichtzahlern auch Preisempfehlung 7 Euro nicht immer den vollen Eintritt bei PWYW- Preisgestaltung zwischen Einnahmesteigerung und öffentlichem
spezifisch für den Kultursektor sein könnte. 14 Eintrittspreisen bezahlen. Dies sollte bei Auftrag, Springer VS, Wiesbaden.
Mit den bisherigen Forschungsergebnissen überein MW = 3.97 € der Budgetplanung berücksichtigt werden Stegemann, M. (2016): Pay What You Want im Museum – Risiko
stimmte der Gesamtmittelpreis: Durchschnittlich bezahlen 12 SD = 3.64 oder Chance? Online verfügbar unter https://www.kulturmanage-
ment.net/Themen/Pay-What-You-Want-im-Museum-Risiko-
N = 33
also auch Kulturbesucher bei einem PWYW-Preismechanis- 10 oder-Chance,2054, zuletzt geprüft am 20.07.2020.
mus weniger, als der Standardmarktpreis eigentlich beträgt. 8
Manager in gemeinnützigen kulturellen Organisationen, die Häufigkeit 6 für kulturelle Produkte und Dienstleistungen erreicht
PWYW als Zahlungsmechanismus nutzen, sollten dies in ihren 4 werden. Auch wenn für die Organisationen zur Um-
Projektkalkulationen berücksichtigen. Darüber hinaus ist es setzung des PWYW zunächst ein hoher Aufwand in
gerade in kulturellen Kontexten für die Besucher äußerst 2 Form einer Erstinvestition und verstärkten Kommu-
schwer, die Qualität und den preislichen Wert von immate- 0 0 2,50 5 6 7 7,50 10 20 nikationsanforderungen erforderlich ist, so können
riellen Kunstprodukten zu beurteilen. Die Angabe eines exter- Bezahlter Preis mit der Einführung des Preismodells die Eintritts-
nen Referenzpreises kann daher insbesondere bei einer barriere gesenkt und Wiederholungsbesuche ge-
PWYW-Bezahlung in Kulturorganisationen den Besuchern Keine Preisempfehlung steigert werden. Bei Organisationen, deren variable
Orientierung bieten. Wobei dieser eher höher gewählt werden 14 MW = 4.41 € Kosten möglichst gering sind, kann sich PWYW fi-
sollte. 12 SD = 4.38 nanziell lohnen. Weiterhin verstärken aktionsweise
N = 33 PWYW-Durchführungen die Aufmerksamkeit für die
10 Organisation. PWYW stellt daher eine geeignete
Dennoch bietet PWYW großes Häufigkeit 8 Marketingstrategie für gemeinnützige (Kunst-)Orga-
Potential für Kulturpraxis 6 nisation dar, um ihr Publikum in Übereinstimmung k ont ak t
4 mit ihrem Bildungsauftrag zu vergrößern und zu di- Prof. Dr. Hellen Gross
2 versifizieren. Im Rahmen der partizipativen und de- Allg. Betriebswirtschaft und Nonprofit
Großes Potential hat PWYW insofern, dass der partizipative 0 mokratischen Entscheidungsprozesse ist der parti- Management
Preismechanismus mögliche finanzielle Eintrittsgrenzen im 0 5 6 7 7,50 8 10 20 zipative Preisbildungsmechanismus weiterhin ein Waldhausweg 7
Kultursektor senken kann, so die Wissenschaftlerinnen. Damit Bezahlter Preis spannendes Forschungsfeld. 66123 Saarbrücken
könnten auch einkommensschwache Bürger als Zielgruppe Abbildung des bezahlten Preises nach Referenzpreisstrategie T +49 (0)681 5867 – 526
hellen.gross@htwsaar.de