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20 wie läuft’s denn so, start-ups? QBing 21
Werte sichern für die Gründer ein einfaches ›Plug-and-play‹-System hier durch die Corona-Pandemie ausgebremst wor-
entwickelt, das sich ohne großen Aufwand in eine den. Die Zeit haben die Gründer genutzt, um einen
vorhandene Hardware- und Software-Architektur Personenzähler zu entwickeln, der Unternehmen und
den Mittelstand integrieren lässt. Der Anwendungsbereich ist nahezu Handel darin unterstützt, die vorgegebene Anzahl von
unbegrenzt: Überall, wo etwas hergestellt, gelagert Personen in einem bestimmten Raum einzuhalten.
oder transportiert wird, kommt dieses Zähl- und
Das ist zwar nicht das Kerngeschäft von Qbing,
Qbing identifiziert Produkt- Registrierverfahren zum Einsatz; die Identifizierung zeigt aber, welches unternehmerische Denken hier
und Rückverfolgung von Waren und Bauteilen gelingt herrscht. »Wir wollten etwas bewegen«, beschreibt
genauso wie die Zugangskontrolle von Personen. Christian Schwindling seine Motivation, Unterneh-
und Warenströme Durch Qbing können sich dies nun auch kleine und mer zu werden, »ruhig abwarten geht nicht«. Schon
in der Smart Factory habe er eine Idee davon bekom-
mittlere Unternehmen leisten.
men, was es für ihn bedeutet, selbst Entscheidungen
Denn das System von Qbing bietet den Anwen-
dern viele Vorteile: mehr Transparenz, mehr Sicher- treffen zu können. »Der Weg war damals bereits für
heit, höhere Lagerkapazitäten und vor allem deutlich mich vorgezeichnet, und ich hätte es mir ewig vor-
niedrigere Kosten, da Qbing-Lösungen mit jeder geworfen, wenn ich ihn nicht gegangen wäre.«
text Frank Becker vorhandenen Hardware zusammenarbeiten können. Gründern empfiehlt er, sich genau zu überlegen,
»Wir hatten genau studiert, was unsere poten- welche Konsequenzen das Unternehmersein für das
ziellen Kunden brauchen«, erzählt Christian Schwind- eigene Leben hat, und sich dann zu fragen, ob man
ling weiter. So begann das Start-up bereits mit Kun- das ein Leben lang machen möchte. »Denn Unter-
den seine Erfolgsgeschichte. Darauf sind auch Unter- nehmer ist man rund um die Uhr, da fällt das Runter-
IS (Qbing Industrial Solutions) sitzt in che. 2012 begann eine mehrjährige Zusammenarbeit nehmen wie die BITO-Lagertechnik Bittmann GmbH kommen manchmal schwer.« Wichtig ist, genau zu
einer alten Villa auf dem Campus May- mit der ORBIS AG, während der 80 Unternehmen aufmerksam geworden, das einen eigenen Gründer- studieren, was der Markt braucht, und dann nicht zu
Q bach. Doch im Inneren geht es hochin- durch die Smart Factory geführt und mehrere Indus- campus fördert. BITO ist jetzt an Qbing beteiligt und lange warten. »Den perfekten Start gibt es nie, und
novativ her: Auto-ID und RFID-Lösungen ›out of the trieprojekte erfolgreich abgeschlossen wurden. bringt viel Know-how aus den Bereichen Lager und wenn man zu lange zögert, hat die Idee vielleicht
box‹ bietet das Start-up an. Viele können mit den Bei diesen Erfolgen war es nur konsequent, dass Logistik ins Unternehmen ein, das seit September schon ein anderer verwirklicht.« Ein Rat zum Schluss:
Abkürzungen nichts anfangen, sind solchen Funktio- Christian Schwindling, heute Geschäftsführer, mit 2017 QIS – Qbing Industrial Solutions heißt. »Die Arbeit muss Spaß machen.« Und genau das
nen und Geräten aber schon häufig begegnet. So seinen Kommilitonen Alexander Westhäusler, heute Die aktuelle Herausforderung liegt darin, den Ver- sieht man Christian Schwindling an.
trägt jedes Kleidungsstück, das in einem Kaufhaus für die Software verantwortlich, und Christian Schmidt, trieb zu verstärken und auszubauen. Auch Qbing ist
im Regal liegt oder an einem Ständer hängt, eine technischer Geschäftsführer und für die Hardware
solche RFID-Kennung, welche die Kassiererin beim zuständig, an eine Ausgründung dachte. 2017 war es
Bezahlen dann entfernt, sonst ertönt ein lautes Alarm- so weit. Zuvor wäre eine Förderung im Rahmen des
signal am Ausgang. Dabei steht ID für Identifizieren EXIST-Förderstipendiums fast gescheitert: »Die Prü-
und RF für ›radio frequency‹ – RFID also für Identi- fer dort hatten unsere Produktvorteile nicht ver-
fizieren mit elektromagnetischen Wellen. Mit dieser standen und als ›nicht bewertbar‹ zurückgewiesen«,
Methode kann man dementsprechend grundsätzlich erzählt Christian Schwindling von damals. »Doch
Objekte oder Lebewesen automatisch und berüh- direkt am nächsten Tag haben wir uns hingesetzt und
rungsfrei erkennen und zählen. unseren Antrag neu formuliert und begründet. Das
Die Anwendung im Kaufhaus hatten die Gründer hat dann geklappt.«
von Qbing allerdings nicht im Sinn. Am Anfang stand
die Smart Factory der htw saar, die unter der Leitung
von Prof. Dr. Steffen Hütter 2010 eingerichtet worden Viele Vorteile für
war. Hier forschten und forschen die Studierenden den Mittelstand
anwendungsorientiert über die Digitalisierung der
industriellen Produktion und der dazugehörenden
logistischen Prozesse. Das interdisziplinäre Arbeiten Auto-ID und RFID-Systeme in eine vorhandene Sys-
zwischen Betriebswirtschaft, Elektrotechnik, Logistik temlandschaft zu integrieren und zu implementieren,
und Wirtschaftsingenieurwesen hat das Finden von ist in den meisten Fällen aufwändig und teuer. Diesen
Lösungen dabei befördert. 2011 wurde Qbing Kon- Digitalisierungsschritt leisten sich daher eher große
sortialpartner des Bundeswirtschaftsministeriums Unternehmen. Qbing hat eine Lösung gefunden, die
im RAN-Projekt, hier ging es um die Entwicklung den technischen Aufwand sozusagen miniaturisiert.
eines neuen RFID-Standards für die Automobilbran- Durch den Einsatz von Einplatinencomputern haben