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Abb. 1: Vergleich zweier Chas-
sis-Bauteile mit einem umform-
technisch hergestellten Durchzug
(oben) mit seinen charakteristi-
schen Ringstrukturen sowie der
lasergeschweißten Variante (unten)
Abb. 2: Querschliff durch ein Prüfteil, das einem umformtechnisch hergestellten
Durchzug entnommen wurde. Die technische Umsetzung aus höherfestem Stahl
führt zu Inhomogenitäten im Gefüge (Überlegfalten); Quelle: Mercedes
Ausgangssituation höherfester Stähle zu Mikrorissen führen kann
(siehe Abb. 2). In Folge können wiederum bauteil-
Die Mercedes-Benz-Norm MBN 10519 besagt, gefährdende Risse bei dynamischer Belastung
dass „ein Durchzug als Befestigungselement mit/ entstehen, die ein Gesamtversagen der Schraub-
ohne Gewinde definiert ist, das umformtechnisch verbindung verursachen. Ein ebenfalls beobach-
hergestellt wird“. Dabei wird der Durchzug im Vor- tetes Setzverhalten führt nach dem Anziehen
feld der zeichnungsgerechten Bauteilausbildung der Schrauben dazu, dass die zu erreichende
mit Umformwerkzeugen durch einen Wechsel Mindestvorspannkraft auf Zug unterschritten
von Vor- und Rückformoperationen hergestellt. wird; die Schraubverbindung löst sich.
Dies ist im Bereich der Blechoberfläche an den
Ringstrukturen sehr gut zu erkennen (siehe Abb. 1 Lasergeschweißter Durchzug
oben). Zum Einsatz kommt diese Technologie
dann, wenn Alternativverfahren wie z.B. die An der htw saar verfügbare hochmoderne
Schweißmutter nach DIN 928 und 929 sowie Ein- Laserstrahlquellen weisen einen Wirkungsgrad
pressmuttern hinsichtlich Spaltkorrosion oder von über 30 % auf und eine Strahlqualität von
bei dynamischer Belastung frühzeitig versagen. deutlich unter 6 mm*mrad. Damit haben sie
Bereits Mitte der 1990er Jahre ermöglichte die eine für die Bearbeitung entscheidende größere
Entwicklung von Hochleistungslaserstrahlquel- Rayleighlänge, die mit der Tiefenschärfe in der
len neue Anwendungen im Karosserierohbau Fotografie vergleichbar ist; nahezu gleichblei-
wie z. B. den lasergeschweißten Durchzug, bei bende Werte für den maßgeblichen Bearbei-
dem in ein bereits zeichnungsgerecht vorge- tungsparameter „Intensität“ gehen damit einher.
formtes Bauteil ein kaltfließgepresster Einsatz Dennoch ist der Lasertiefschweißprozess, der
eingebracht und nachfolgend mittels Laserstrahl sich ab einer hinreichend großen Intensität von
verschweißt wird (siehe Abb. 1 unten). Die zu 10 W/cm über die Ausbildung einer Dampfka-
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diesem Zeitpunkt noch zu hohen Gesamtkosten pillare einstellt, noch immer ein Multiparameter-
und die fehlende Prozesssicherheit behinderten prozess. Dies zeigt Abbildung 3 mit Parametern,
aber dessen Verbreitung. Dies änderte sich, als die für die Laserschweißvariante als besonders
vor ca. acht Jahren neueste Laserstrahlquellen relevant identifiziert wurden. Vor diesem Hinter-
einen um den Faktor 10 verbesserten Wirkungs- grund konzentrierte sich die Forschungsarbeit
grad erreichten. Außerdem zeichnete sich bereits auf folgende Schwerpunkte:
damals ab, dass bei höher- und höchstfesten
Stählen die Machbarkeitsgrenze umgeform- 1. Vergleich geeigneter Fügegeometrien
ter Durchzüge erreicht ist, was den Beginn der 2. Erfassung wichtiger Prozesssignale und
Forschung an diesem Fertigungsverfahren an der deren Eignung für Serienschweißprozesse
htw saar markierte. Die richtige Entscheidung 3. Auswirkung beschichteter Oberflächen der
für einen frühzeitigen Ansatz zur Substitution Fügepartner Blech und Kaltfließpressteil
des umformtechnisch hergestellten Durchzugs
belegen aktuelle Erkenntnisse, welche zeigen,
139 dass die geringere plastische Verformbarkeit