Page 59 - HTW_25_Jahre_Forschung
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Bauherr, Ort: htw saar, Waldhausweg 14 Abmessungen: L = ca. 16 m, B = ca. 8 m
66123 Saarbrücken H = ca. 4 m
Material: BS-Holz und Furnierschichtholz
Beteiligte: B2E3 Institut für effiziente
Bauwerke an der Schule für Archi- Forschung: 2009-2011
tektur Saar, htw saar,
Prof. Göran Pohl (Projektleitung), Errichtung: Sommer 2012
Bauhaus-Universität Weimar,
Prof. Dr. Jürgen Ruth, Fa. Stephan Aufbauzeit: 2 Tage
Holzbau, Alfred-Wegener-Institut Temporärer Sommerpavillon
Bremerhaven (AWI), Pohl Architek- bis November 2012
ten, Abt. LEICHTBAUINSTITUT jena b2e3@htw-saarland.de
Bei dem Forschungsansatz ging es um neue Der Forschungspavillon BOWOOSS sollte eine
Erkenntnisse parametrischer Architektur und in die Hülle integrierte Tragstruktur erhalten,
deren Transferpotential in traditionelle Werk- die trotz der komplexen Form durch einfache
stoffe und handwerkliche Fertigungstechnologie. Werkzeuge umgesetzt werden kann. Die auf der
BOWOOSS diente der Qualifizierung geeigneter Basis der biologischen Vorbilder entworfene
Entwurfswerkzeuge und Schnittstellen in die Tragstruktur besteht aus geformten Brettschicht-
Produktion. Generative Formfindungs- und holzelementen, die Haupt- und Nebenträger-
Optimierungsverfahren wurden eingesetzt, um lagen ausbilden und im räumlichen Verbund mit
die CAD-Ergebnisse auf Fügetechnologien und in der Hülle wirken. Das Bauwerk übersetzt die an
Fertigung, Transport und Errichtung umzusetzen. biologischen Beispielen gewonnenen Erkennt-
Das Ergebnis ist die Übersetzung der „schweren“ nisse zu Faltung, Rippenstruktur und hierarchi-
traditionellen Holzbautechnologie in eine Kom- scher Struktur. Das hierarchische System ist wie
position von Volumen und Material, Leichtbau beim Vorbild (Actinoptychus und Arachnoidiscus)
und Raum. mehrschichtig: Nach Haupt- und Nebenrippen
sind Flächen mit Poren ausgebildet, die in der
BOWOOSS entstand im Rahmen des BIONA-For- Natur noch mehrere Stufen aufweisen können.
schungsprogramms (Bionik und Nachhaltigkeit), Der komplexe Verbund ist Tragwerk und Hüll-
gefördert durch das BMBF (Bundesministerium struktur in einem. Die „organischen“ Rippen sind
für Bildung und Forschung). aus 60-80 mm Brettschichtholz und mit den ge-
falteten Schalen aus 30 mm Furnierschichtholz
Nach vergleichenden Studien über Schalen in der kraftschlüssig verbunden, welche im Verbund
Natur wurde mit der bionischen Methode „Pool eine rippenunterstützte Faltschale bilden und
Research“ (Klassifizierung biologischer und tech- eine selbststabilisierende Konstruktion ergeben.
nischer Lösungsansätze, vergleichende Auswer- Die Hülle bildet einen Filter, der Belichtung,
tung und Strukturierung der Ideenpotentiale) die Belüftung und Einsehbarkeit reguliert. In den
geometrische Bauform für den Sommerpavillon Holzfaltungen der Pavillonhülle sind Porenstruk-
entwickelt. Evolutive Computeralgorithmen wur- turen eingebracht, die generisch ermittelt und
den eingesetzt, um die jeweils im vorhergehen- optimiert sind. Die Öffnungen sind in Bereichen
den Entwicklungsschritt erarbeiteten „Individu- minimaler Belastung angeordnet und haben
en“ zu mutieren und weiterzuentwickeln. ihre ovale Form durch statischen Nachweis
Diatomeen (einzellige Algen) der Spezies Syne- und im physischen Modell erhalten. Sie sind für
drosphenia, Actinoptychus und Arachnoidiscus die Massenersparnis verantwortlich, die sich
verfügen über morphologische Besonderheiten im geringen Transport- und Montagegewicht
in ihren stabilen Zellhüllen. Im rechnerischen bemerkbar macht. Die einzelnen Öffnungen sind
Modell bestätigte sich deren effiziente Trag- nicht-kontinuierlich ausgerundet, eine Methode,
struktur als Kombination aus räumlich angeord- die an Lastübergangsstrukturen von Pflanzen
neten Haupt- und Nebenrippen in Verbindung zu beobachten ist. Um die ausgeschnittenen
mit porenartigen Öffnungen. Oval-Furnierschichtholzelemente weiterzuver-
57 wenden, wurden diese zu Möbeln gefügt.