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Technologietransfer

                                                             Martin Löffler-Mang



















                                                             Sommer, Sonne, hohe Temperaturen – und aus dem Nichts:
                                                             Hagel. Kaum ein Wetterphänomen überrascht Betroffene und
                                                             Wetterexperten derart und sorgt Jahr für Jahr für Millionen-
                                                             schäden an Gebäuden, Fahrzeugen, land- und forstwirtschaftli-
                                                             chen Flächen. Wie kann das sein? Sind die Wetterexperten trotz
                                                             ausgeklügelter Messtechnik, Wettersatelliten und der ständigen
                                                             Aufzeichnung von Wetterdaten wirklich nicht in der Lage, präzi-
                                                             se vorherzusagen, wann es hagelt und wie heftig? Nein, lautet
                                                             die knappe Antwort von Professor Löffler-Mang. Das ist zurzeit
                                                             noch nicht möglich. Es gibt kein automatisches Messsystem in
                                                             Deutschland für Hagel. Selbst moderne Niederschlagsradar-
                                                             geräte können nicht zwischen Hagel und Regen unterscheiden,
                                                             erschwerend kommt hinzu, dass Hagel meist sehr lokal auftritt.
                                                             Daher wird Hagel nur an wenigen Stationen des Deutschen
                                                             Wetterdienstes manuell von Beobachtern registriert.

                                                             Der Physiker hält ein Hagelkorn in Händen, groß wie ein Golfball.
                                                             Es gibt fraglos größere, beteuert er, aber schon Eisklumpen mit
                                                             solchen Ausmaßen können durchaus lebensbedrohlich sein. Im
                                                             Kellergeschoss der Hochschule feuert Löffler-Mang mit künst-
                                                             lichen Hagelkörnern verschiedener Größen auf HASE. HASE ist
                                                             der weltweit erste automatische Sensor für Hagelmessungen
                                                             am Boden. Und sieht aus wie eine simple sechseckige Trom-
                                                             mel. Ein Sensor misst über zwei hochsensible Mikrofone den
                                                             Impuls und die Energie der einzelnen Hagelkörner und versieht
                                                             sie mit einem Zeitstempel. Auf diese Weise ist es möglich, das
                                                             Spektrum der Hagelkörner zu erfassen, umzurechnen und
                                                             festzustellen, wie viele Hagelkörner in welcher Größe gefallen
                                                             sind. Die ermittelten Daten können sofort an eine zentrale Stelle
                                                             weitergeleitet werden.

                                                             Das erkannte auch die Schweizer Firma inNET Monitoring AG
                                                             und schloss einen exklusiven Lizenzvertrag mit der htw saar.
                                                             Mittlerweile hat der Verband der kantonalen Feuerversicherun-
                                                             gen Sensoren in der Schweiz aufgestellt, in Baden-Württemberg
                                                             rüsteten  Wetter- und Klimaforscher des Karlsruher Instituts für
                                                             Technologie (KIT) 10 Messstationen mit Hagelsensoren aus und
                                                             schufen so das erste automatische Messnetz, MeteoSchweiz
                                                             plant ein Vorprojekt mit ca. 120 Sensoren und der Wetterdienst
                                                             in Österreich (ZAMG) hat ebenfalls Interesse angemeldet. Ende
                                                             2014 wurde ein Unterlizenzierungsvertrag für den amerika-
                                                             nischen und australischen Markt geschlossen. Fernziel von
                                                             Professor Löffler-Mang ist ein engmaschiges Hagelsensornetz,
                                                             auf das Experten ebenso wie Laien über das Web Zugriff haben.
                                                             Potentiell Betroffene könnten so frühzeitig vor schweren Hagel-
                                                             stürmen gewarnt werden.
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