Page 29 - HTW_25_Jahre_Forschung
P. 29
Technologietransfer
Martin Löffler-Mang
Sommer, Sonne, hohe Temperaturen – und aus dem Nichts:
Hagel. Kaum ein Wetterphänomen überrascht Betroffene und
Wetterexperten derart und sorgt Jahr für Jahr für Millionen-
schäden an Gebäuden, Fahrzeugen, land- und forstwirtschaftli-
chen Flächen. Wie kann das sein? Sind die Wetterexperten trotz
ausgeklügelter Messtechnik, Wettersatelliten und der ständigen
Aufzeichnung von Wetterdaten wirklich nicht in der Lage, präzi-
se vorherzusagen, wann es hagelt und wie heftig? Nein, lautet
die knappe Antwort von Professor Löffler-Mang. Das ist zurzeit
noch nicht möglich. Es gibt kein automatisches Messsystem in
Deutschland für Hagel. Selbst moderne Niederschlagsradar-
geräte können nicht zwischen Hagel und Regen unterscheiden,
erschwerend kommt hinzu, dass Hagel meist sehr lokal auftritt.
Daher wird Hagel nur an wenigen Stationen des Deutschen
Wetterdienstes manuell von Beobachtern registriert.
Der Physiker hält ein Hagelkorn in Händen, groß wie ein Golfball.
Es gibt fraglos größere, beteuert er, aber schon Eisklumpen mit
solchen Ausmaßen können durchaus lebensbedrohlich sein. Im
Kellergeschoss der Hochschule feuert Löffler-Mang mit künst-
lichen Hagelkörnern verschiedener Größen auf HASE. HASE ist
der weltweit erste automatische Sensor für Hagelmessungen
am Boden. Und sieht aus wie eine simple sechseckige Trom-
mel. Ein Sensor misst über zwei hochsensible Mikrofone den
Impuls und die Energie der einzelnen Hagelkörner und versieht
sie mit einem Zeitstempel. Auf diese Weise ist es möglich, das
Spektrum der Hagelkörner zu erfassen, umzurechnen und
festzustellen, wie viele Hagelkörner in welcher Größe gefallen
sind. Die ermittelten Daten können sofort an eine zentrale Stelle
weitergeleitet werden.
Das erkannte auch die Schweizer Firma inNET Monitoring AG
und schloss einen exklusiven Lizenzvertrag mit der htw saar.
Mittlerweile hat der Verband der kantonalen Feuerversicherun-
gen Sensoren in der Schweiz aufgestellt, in Baden-Württemberg
rüsteten Wetter- und Klimaforscher des Karlsruher Instituts für
Technologie (KIT) 10 Messstationen mit Hagelsensoren aus und
schufen so das erste automatische Messnetz, MeteoSchweiz
plant ein Vorprojekt mit ca. 120 Sensoren und der Wetterdienst
in Österreich (ZAMG) hat ebenfalls Interesse angemeldet. Ende
2014 wurde ein Unterlizenzierungsvertrag für den amerika-
nischen und australischen Markt geschlossen. Fernziel von
Professor Löffler-Mang ist ein engmaschiges Hagelsensornetz,
auf das Experten ebenso wie Laien über das Web Zugriff haben.
Potentiell Betroffene könnten so frühzeitig vor schweren Hagel-
stürmen gewarnt werden.
27