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Wissenschaftlicher Nachwuchs

            Sandra Hahn



















            Kriminologie, die „Lehre vom Verbrechen“, ist eine interdiszipli-
            näre Wissenschaft. In ihr fließen die Erkenntnisse verschiede-
            ner Fachrichtungen der Psychologie, Sozialwissenschaften, Jura
            usw. zusammen. So oder ähnlich beginnen die Gespräche mit
            Frau Dr. Hahn, wenn sie ihr Tätigkeitsfeld erklärt. Nein, Spuren-
            sicherung am Tatort und Beschuldigtenvernehmungen gehören
            nicht dazu, das machen Kriminalisten, und CSI Miami sei nicht
            ihre Lieblingssendung. Sie betreibe Devianzforschung, ergründe
            das Abweichen von sozialen Normen und gesellschaftlichen
            Werten.
            Ihre Berufung fand die junge Kriminologin schon vor dem Mas-
            terstudium an der Ruhr-Universität Bochum. Über ihre Promo-
            tion ist sie dann in das akademische Leben hineingewachsen.
            „Vom Tatort zum Täter – was Fotografien verraten“ lautet der
            Titel ihrer Promotion, die sie unter der Betreuung von Professor
            Klaus Kraimer (htw saar) an der Johannes-Gutenberg-Universi-
            tät einreichte.
            Seither gleicht der Alltag der jungen Doktorin einem Spagat zwi-
            schen Forschung und Lehrtätigkeit. Gemeinsam mit den Lan-
            deskriminalämtern Saarland und Rheinland-Pfalz sowie dem
            Police Grand Ducale in Luxemburg hat das Forschungsteam um
            Prof. Kraimer und Dr. Hahn in vier Jahren ein Handlungskonzept
            zur Bewältigung von Geisel- und Bedrohungslagen entwickelt.
            Einsatzkräfte, polizeiliche Verhandlungsgruppen u. a. haben
            nun die Möglichkeit, eine methodisch kontrollierte Täter- und
            Gefährdungseinschätzung vorzunehmen, mit dem Ziel, eine
            schnelle und gewaltfreie Lagelösung herbeizuführen. Seit das
            Konzept im Februar 2014 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde,
            häufen sich die Anfragen aus Ministerien, Hochschulen und
            Polizeistellen im In- und Ausland. Selbst deutsche Beamte in
            Afghanistan forderten die Forschungsergebnisse an. Beide
            Wissenschaftler initiieren gegenwärtig einen zertifizierten
            Weiterbildungsgang, um den Anfragen gerecht zu werden. Dass
            die Lehre der zierlichen Polizeiwissenschaftlerin mindestens
            ebenso wichtig ist, zeigen nicht zuletzt ihre stets ausgebuchten
            Seminare. Dort werden Sozialarbeiter/innen anhand echter
            Fälle auf die Bewältigung und Prävention von Krisenfällen wie
            Amok, Suizidandrohung oder „Happy Slapping“ (körperlicher An-
            griff auf in der Regel unbekannte Personen, der mitgefilmt und
            im Internet veröffentlicht wird) vorbereitet. Ein Masterstudien-
            gang Kriminologie an der htw saar – das wäre ihr Wunsch. Die
            Nachfrage wäre zweifelsohne hoch, deutschlandweit existieren
            nur fünf Standorte, an denen Master-Kriminologen ausgebildet
            werden.

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